1. Kann der Wechsel vom eigentlichen Arbeitsplatz ins Homeoffice die Bewegung und den aktiven Alltag einschränken?
Bei vielen Arbeitnehmer*Innen sehen die Bewegungsmuster im Homeoffice ganz anders aus als am betrieblichen Arbeitsplatz. Der Weg zur Arbeit, der bei manch einem ganz oder teilweise zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt wurde, entfällt. Zudem müssen keine Wegstrecken innerhalb der Arbeitsstätte zurückgelegt werden.
Im Rahmen einer sitzenden Tätigkeit ist es generell eine Herausforderung, die oft empfohlenen 10.000 Schritte pro Tag zu erreiche. Im Homeoffice und insbesondere während eines Lockdowns, inklusive der damit verbundenen Einschränkungen auf den vielleicht vorher oft aktiveren Alltag, wird dieses oft noch erschwert.
2. Welche Körperlichen Auswirkungen kann der falsche Arbeitsplatz verursachen?
Muskuläre Verspannungen und fasziale Verkürzungen durch Fehlhaltungen sind keine Seltenheit. Dieses trifft vor allem auf die Nacken-, Rücken- und Lendenregion zu.
Bei uns im PhysioVital, der physiotherapeutischen Praxis des SoleVital, häufen sich momentan die Schulter-Nacken-Beschwerden. Begünstigt werden diese vorrangig durch zu langes oder ungünstiges Sitzen. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass der Arbeitsplatz im Homeoffice nicht immer optimal eingerichtet ist.
3. Kann man das Homeoffice als Chance nutzen sich mehr und besser zu bewegen?
Auch ein Homeoffice Arbeitsplatz kann als Chance genutzt werden, sich mehr oder besser zu bewegen. Personen im Homeoffice sollten nicht länger als eine Stunde am Stück sitzen. Besser ist es, zwischendurch aufzustehen und aktive Bewegungspausen einzubauen. Einfache Dehnübungen oder das auf und ab Gehen beim Telefonieren sind einfache Beispiele.
Der Arbeitsweg und die damit verbundene Zeit bleiben erspart, so kann neben der Mittagspause auch die Zeit vor oder nach der Arbeit für Aktivität kurz genutzt werden. Spazierengehen oder auch ein tägliches Workout sind leicht umzusetzen. So können Beschwerden gelindert und Verspannungen gezielt vorgebeugt werden.
4. Wie kann man den Körper auch neben Sport in dieser Zeit stärken?
Neben der regelmäßigen Bewegung ist es auch entscheidend, die Nacken-, Rücken- und Lendenwirbelsäule im Homeoffice zu schonen.
Tipp 1 – Die richtige Tischhöhe. Hier gilt die sogenannte „Ellbogenregel“: Ellbogenhöhe = Tischhöhe + Tastaturhöhe. Ist Ihr Tisch nicht höhenverstellbar? Oder arbeiten Sie vielleicht am Küchentisch? Dann stellen Sie Ihren Stuhl nach Möglichkeit so ein, dass die Ellbogenregel erfüllt ist.
Tipp 2 – Bildschirmarbeitsplatz. Beachten Sie, dass sich die Mitte Ihres Bildschirms auf Augenhöhe befindet. Die Schultern sollten während des Sitzens nicht nach vorne fallen oder nach vorne gebeugt werden. Wechseln Sie Ihre Sitzposition regelmäßig und bauen Sie Bewegungspausen ein.
Tipp 3 – Ergonomische vertikale Maus. Diese Modelle sind vertikal ausgerichtet und entlasten das Handgelenk, den Unterarm und beugen so dem „Maus-“ und/oder auch „Tennisarm“ vor.
Tipp 4 – Ergonomischer Stuhl. Ein guter Schreibtischstuhl zeichnet sich durch gute Verstellmöglichkeiten aus, mit dessen Hilfe die physiologische Haltung und Bewegung sowie die individuellen Bedürfnisse berücksichtigt werden.
Tipp 5 – Hilfsmittel. Nutzen Sie Hilfsmittel, um die belastete Muskulatur zu lockern und zu entspannen. Legen Sie sich temporär eine Wärmflasche, ein Körnerkissen oder auch spezielle Wärmeauflagen für den Rücken oder den Schulter- und Nackenbereich auf die verspannten Körperstellen. Zu langes Sitzen vor dem Computer und Fehlbelastungen führen oft zu Schmerzen in der Schulter. Auch Tape-Anlagen können Schmerzen kurzfristig lindern. Das Tape sollte dabei mindestens drei Tage auf der Haut fixiert bleiben.
Tipp 6 – Ernährung. Gesundes Essen im Homeoffice muss nicht schwer sein. Achten Sie auf genügend Flüssigkeit, frisches Obst und Gemüse, hochwertiges Protein, komplexe Kohlenhydrate und gesunde Fette. Geregelte Mahlzeiten helfen, den Überblick zu behalten und Heißhunger gar nicht erst entstehen zu lassen.
5. Welche Übungen oder Bewegungen sollte jeder in seinen Homeoffice Alltag einführen?
Neben den „einfachen“ Bewegungspausen, bspw. in Form von Spaziergängen, sind gezielte Übungen am Arbeitsplatz wichtig, um für die „richtige Haltung“ zu sorgen.
Übung 1:
Sitzende Rotation
Setzen Sie sich auf die vordere Kante Ihres Stuhls. Ihre Füße stehen hüftbreit, fest am Boden. Die Knie sind ca. 90° gebeugt. Richten Sie Ihren Oberkörper gerade auf, Ihr Blick ist nach vorne gerichtet. Halten Sie die Arme vor der Brust verschränkt oder weit ausgebreitet.
Bewegungsablauf:
Drehen Sie sich langsam im Wechsel möglichst weit zu jeder Seiter nach hinten. Achten Sie darauf den Oberkörper gerade und aufgerichtet zu lassen und die Schultern nach hinten unten zu drücken. Ihre Beine und Ihr Becken sollten festbleiben. (Bild 1, 2, 3) Auch der Kopf darf möglichst weit nach hinten gedreht werden. Wiederholen Sie die Übung 12-15-mal.
Übung 2:
Hüftstreckung und -abduktion im Stand
Stellen Sie sich hinter einen Stuhl und halten Sie sich an der Lehne fest.
Bewegungsablauf:
Während Sie Ihren Oberkörper unbewegt lassen, führen Sie ein Bein möglichst weit nach hinten, halten Sie es kurz und senken Sie es langsam wieder ab. Das Knie vom Standbein bleibt leicht gebeugt. Wiederholen Sie die Bewegung 12-15-mal mit jedem Bein. (Bild 4) Dann führen Sie die Übung mit jedem Bein 12-15-mal zur Seite aus. (Bild 5)
Die Fußspitzen bleiben immer nach vorne gerichtet.
Heilbäderverband Niedersachsen e. V.
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